Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Simon Weißenfels

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
lieber Kolleginnen und Kollegen,

2021 ist für Süßen ein historisches Jahr. Wir haben nicht nur, mehr oder weniger, unser 950-jähriges Stadtjubiläum gefeiert, sondern haben auch mit dem heutigen Tag den zweiten Haushaltsbeschluss innerhalb von einem Kalenderjahr zur Beschlussfassung.

Wir haben es in der Vergangenheit als CDU-Fraktion immer kritisiert, dass wir so spät, teilweise im März des laufenden Haushaltsjahres, den Haushalt beraten haben. Daher ist die nun anstehende Beschlussfassung noch vor dem Jahreswechsel aus unsere Sicht ein wirklicher Fortschritt, welchen wir gerne beibehalten sollten. Natürlich wissen wir, dass dies hauptsächlich in der Antragstellung für Ausgleichsstock und Förderung der Schulen begründet liegt, trotzdem sollten Haushaltsbeschlussfassungen vor Beginn des HH-Jahres aus unserer Sicht die Regel und nicht die Ausnahme sein. So bleibt dann hoffentlich im ersten Halbjahr 2022 Zeit in der Verwaltung, die ausstehenden Jahresabschlüsse 2019 und 2020 abzuschließen, um dann im Jahr 2022 endlich „auf Stand“ zu kommen. Auf Ausführung zur Notwendigkeit der Haushaltstrukturkommission möchte ich dieses Jahr verzichten, sie aber trotzdem erneut betonen.

Liebe Kollegen,

Historisch ist das Jahr aber auch deshalb allein, wenn wir mal auf das kommunale Maßnahmen- und Investitionspaket schauen, welches wir mit dem Haushalt 2022 und allein mit den heutigen noch anstehenden Beschlüssen zur Schulsanierung bzw. zum Schulneubau treffen.

Und ja wir sagen das ganz offen, wir sehen unsere Stadt hier an einer Grenze, nicht nur finanziell sondern wenn man auch immer wieder auf die Bitten der Verwaltung schaut Projekte im Bereich Bauen zu schieben, auch an einer personellen bzw. strukturellen Grenze. Nach 2021 planen wir mit dem Haushalt 2022 und auch in den Folgejahren bis 2025 mit negativen ordentlichen Ergebnissen oder um es mit den Ausführungen im Haushalt zu sagen: eine stetige Erfüllung der kommunalen Aufgaben kann nur durch einen nachhaltig ausgeglichen Ergebnishaushalt gewährleistet werden, im Sinne der intergenerativen Gerechtigkeit sollte jede Generation nur die Mittel verbrauchen, die sie erwirtschaftet. Dies erreichen wir mit den aktuellen Haushalten aus unserer Sicht jedenfalls vorerst nicht.

Sicher: die Vorzeichen und Rahmenbedingungen aus der Krise heraus sind nicht so schlecht wie befürchtet und wir wir bei der letzten HH-Beschlussfassung im Frühjahr befürchten mussten. Steuerschätzungen wurden nach oben korrigiert, das Land hat wie wir im Haushalt sehen allein mit knapp 600.000€ Gewerbesteuerausfälle kompensiert und durch Negativzinsen sowie die steigenden Gewerbesteuerprognosen ist natürlich der Anreiz da, Geld nicht auf der Bank liegen zu lassen sondern dies auch zu investieren.

Und so liegt mit dem Haushalt 2022 und dem Finanz- und Investitionsplan der folgenden Jahre aus unserer Sicht ein einmaliges „All-Inclusive“ Paket für Süßen vor. Ein Haushalt der kaum Einsparungen vorsieht, der somit auch niemand weh tut, der keine direkten Steuererhöhungen wie vergangenes Jahr vorsieht und bei dem, mit Blick auf die eigenen Anträge aber auch die der anderen Fraktionen, wohl kaum noch Wünsche offen bleiben. Die Frage wird am Ende eben nur sein ob dies alles zu finanzieren ist, speziell mit Blick auf Abschreibungen, Personalkosten etc., - weniger mit Blick auf die einmaligen Investitionen.

Liebe Kollegen,

als wir damals den Bau der Kultur- und Sporthalle beschlossen haben, mit einem geplanten Umfang von knapp 8-10 Millionen Euro, haben wir als CDU von einem Jahrhundertprojekt für Süßen gesprochen. Dies ist noch keine 10 Jahre her, scheinbar stehen wir aber nun neben einem neuen Jahrhundert nun schon vor einem neuen Jahrtausend, wenn man sich zumindest den Umfang der geplanten Maßnahmen im Bereich des Schulcampus Bizet anschaut.

Wir haben gut daran getan, den Architekten im Sommer noch einmal zu Nachbesserungen und Einsparungen aufzufordern, sehen wir eigentlich schon die 23,5 Millionen geplante Kostenobergrenze als aus unserer Sicht maximal stemm- und machbar an. Denn eines ist auch klar: im Bereich Finanzierung der Maßnahmen bei der Schule sind wir abhängig von Dritten, Vierten und Fünften, aus eigenem Geldbeutel kann sich Süßen dieses Projekt nicht leisten. Zur Wahrheit der Finanzierung der Maßnahme gehört nämlich auch dazu, dass wir neben den Förderungen vom Land, auch Gelder über den Ausgleichsstock und über die Beteiligung der Nachbarkommunen einplanen, im Länderfinanzausgleich würde man sagen: Süßen wird zu einem Nehmerland, man will uns aber noch nicht mit Berlin vergleichen.

Wir haben das Volumen und die Aufblähung des Umfangs immer sehr kritisch begleitet, für uns waren die 18 Millionen des Wettbewerbsverfahren eigentlich schon die Schmerzgrenze, allerdings sehen wir auch die Bemühungen der Verwaltung, alle möglichen Fördertöpfe etc. anzuzapfen. Trotzdem müssen wir uns auch klar sein, dass die Gesamtinvestitionen Süßens im Baubereich von insgesamt 46 Millionen in den fünf Jahren bis 2025 allein zur Hälfte durch diese Maßnahme gebunden wird.

Wir haben auch immer wieder darauf Wert gelegt, dass die Schule kein Hinderungsgrund für anderweitige notwendige kommunale Maßnahmen wird. Die Feuerwehr brauch weiterhin eine gute Ausstattung, die öffentliche Infrastruktur muss intakt bleiben, das Hallenbad muss nun endlich saniert werden, die Bizethalle ist baufällig und steht noch in diesem Jahrzehnt auf der Agenda und parallel kann man mit Blick allein auf Straßensanierungen in der Finanzplanung beispielweise in der Innenstadt oder auch in der Kuntzestraße etc. sehen, wofür das Steuergeld noch alles eingesetzt werden soll.

Liebe Kollegen,

beim diesjährigen Jubiläumsfestakt konnte man im Vortrag von Kreisarchivar Dr. Wolf eine Entwicklung der Siedlungskonzentration Süßens sehen, von der Zeit als Napoleon durch Süßen zog bis hin zur Zeit der Industrialisierung und dann über die letzten Jahrzehnte. Viel wird in Süßen ja über die Entwicklung von Grünflächen, Außenflächen, Naherholungsgebieten etc. gesprochen.

Schaut man sich das Luftbild Süßens heute und vor 30 Jahren an, so sieht man dass sich Süßen vor allem in einem Bereich nach außen entwickelt und eben nicht nahverdichtet hat, nämlich im Bereich der Rabenwiesen. Und heute machen wir damit fröhlich weiter und beschließen wahrscheinlich die Erschließung der letzten 2,5 Hektar Tafelsilbers, auch zur zwingenden Gegenfinanzierung unseres Jahrtausendprojektes. Warum sage ich das? Wir als CDU-Fraktion haben die Rabenwiesen immer unterstützt und werden dies auch weiterhin tun, sehen aber natürlich auch dass sich da mittlerweile beinahe ein kleiner Teilort fast 2,5km vom Stadtkern entfernt bildet.

In den letzten zehn Jahren haben wir mit dem letzten Abschnitt der Rabenwiesen IV, den beiden ersten Abschnitten Rabenwiesen V und dem heutigen Beschluss knapp 7,5 Hektar Außenfläche, hauptsächlich an landwirtschaftlicher Fläche überbaut. Zum Vergleich: Das IKG Auen hat 6,5 Hektar bebaubare Gesamtfläche mit dem hälftigen Süßener Anteil.

Ich sage dies aber vor allem deshalb weil mich und uns immer die Scheinheiligkeit und Doppelmoral stört, unterschiedliche Formen der Außenbebauung anders zu bewerten. Einerseits scheint weiterhin Außenbebauung für Wohnbau akzeptabel, anderseits wird Gewerbeentwicklung undifferenziert verteufelt. Wo war oder ist denn die Forderung nach einem Runden Tisch, nach Bürgerbeteiligung zum Thema Rabenwiesen V um beispielsweise die potentiale innerstädtischer Nahverdichtung vor der Entwicklung von Erschließungen in den Rabenwiesen abzuprüfen? Beginnen dann ab morgen erneut Unterschriftensammelaktionen der grünen Fraktionsmitglieder gegen Gemeinderatsbeschlüsse, dieses Mal dann gegen den dritten Bauabschnitt von Rabenwiesen V? Wann kommt die Forderung von Herrn Kuhn, dass auch in den Rabenwiesen ein Umdenken mit Blick auf das 1,5 Grad-Ziel stattfinden muss und es kein "Weiter-So" geben darf oder gibt es für sie weiterhin einen Unterschied zwischen Außenbebauung und Außenbebauung? Wir sind gespannt auf ihre Ausführungen dazu.

Und ich möchte das Thema IKG Auen gar nicht zu groß machen, das werden wir im Frühjahr noch breit genug diskutieren aber liebe Süßener SPD, habt ihr euch denn mal den Ideen der SPD-Kreistagsfraktion auseinandergesetzt?

Zur Erinnerung: die Positionen hierzu sind ja sehr ambivalent. Die Donzdorfer SPD hat sich für die Erschließung des GWP Lautertal ausgesprochen, die Gingener SPD kämpft für die Umsetzung des IKG Auen und die Kreistagsfraktion der SPD stellt vor einigen Wochen folgenden Antrag:

"Im Landkreis Göppingen soll über den Zeitraum der nächsten fünf Jahre ein verfügbares Gewerbeflächenangebot entwickelt werden, das der jeweiligen festgestellten Flächennachfrage (derzeit 18 ha) entspricht. Alle potentiell verfügbaren Flächen werden – auf Basis des SKS und zusätzlich mit Daten der
Kommunen, Haus & Grund sowie der IHK und HK versehen – mit Größe, Lage und Preis in vier Kategorien dargestellt: wieder zu nutzende Flächen, wieder zu nutzende Flächen mit Recyclingbedarf, zusätzliche Neuflächen in bereits entwickelten Gebieten, zusätzliche Flächen in neuen und geplanten
Gewerbegebieten oder Mischgebieten."

Und die Fraktionsvorsitzende der SPD sagt zu diesem Antrag: "Die Wirtschaft in unserem Landkreis hängt sehr stark von der Automobilwirtschaft, ihren Zulieferbetrieben und vom Maschinenbau ab. Wenn wir die Transformation der Industriegesellschaft im Landkreis erfolgreich bewerkstelligen wollen, müssen wir vor allem die Menschen mitnehmen, die in diesem Bereich arbeiten. Denn wenn sie keine Perspektive mehr für sich sehen und dadurch den Klimawandel und die Verkehrswende in erster Linie als Bedrohung für sich und Ihren Wohlstand betrachten, dann laufen wir Gefahr, dass wir sie als Partner für den notwendigen Umbau verlieren. Denn dann werden sie sich den Rattenfängern zuwenden, die bereits heute genau auf eine solche Entwicklung warten. Für die SPD ist deshalb die soziale Nachhaltigkeit das zentrale Element in diesem Prozess."

Man kann nur sagen - Herzlichen Glückwunsch zu dieser Position und zu diesem Antrag liebe SPD im Kreistag und liebe Süßener SPD: vielleicht lohnt sich ja mal ein informativer Austausch mit eurer Fraktion, in welcher bei euch ja auch eure Bürgermeister, Landtagsabgeordnete und erfahrende Mandatsträger sitzen. Vielleicht kommt dann die Erkenntnis, dass Gewerbeflächenentwicklung eben nicht durch die Beantragung von noch mehr Sanierungsgebieten funktioniert, sondern durch kluge interkommunale Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Bestand und Neubau von Gewerbeflächen und Ansiedlung von Unternehmen und Arbeitsplätzen.

Zum Abschluss gilt der Dank Frau Stadtkämmerin Silke Schömbucher und der Verwaltung für die Beantwortung aller Fragen und Anträge. Wir sind gespannt was die heutige Sitzung, die Beschlussfassungen und das Haushaltsjahr 2022 bringen werden.

Herzlichen Dank!

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